Kiel, den 21.6.1955

Ortsverbands-Rundschreiben

Nr. 6/55


ÜBERSICHT:


1) AR-Sitzung

Wie bereits bekanntgegeben, wird die nächste Sitzung des Amateurrats am 30. und 31. Juli 1955 in Kassel stattfinden. Für die Tagesordnung ist folgender Rahmen aufgestellt:

  1. Jahresbericht des Vorstands;
  2. Bericht der Rechnungsprüfer, Vorlage und Genehmigung der Abrechnung für das Geschäftsjahr 1954/55;
  3. Entlastung des Vorstands;
  4. Neuwahl des Vorstands;
  5. Haushaltsvoranschlag für 1955/56;
  6. Anträge;
  7. Verschiedenes;

Nach der Erledigung der Routine-Punkte soll in erster Linie den Distriktsvorsitzenden Gelegenheit gegeben werden, die Anliegen ihres Distrikts im größeren Kreis zur Sprache zu bringen. Alle Ortsverbände, die in dieser Hinsicht besondere Wünsche und Anregungen haben, sollten sich deswegen rechtzeitig mit ihrem DV in Verbindung setzen. Nur dann kann dieser seine Aufgabe, die Ansichten und Interessen seiner Mitglieder im Rahmen des Gesamtverbandes zu vertreten und zur Geltung zu bringen, auch wirklich erfüllen.

Nach § 12 der Satzung kann darüber hinaus jedes stimmberechtigte Mitglied des Clubs beantragen, daß über einen von ihm bezeichneten Gegenstand im Amateurrat abgestimmt wird. Derartige Anträge müssen, um bei der kommenden AR-Sitzung berücksichtigt werden zu können, bis zum 30.6.55 bei der Geschäftsstelle eingegangen sein.

Die genaue Tagesordnung wird den Distriktsvorsitzenden Anfang Juli mit der Einladung zur AR-Sitzung übersandt; sie wird außerdem im nächsten OV-Rundschreiben wiederholt werden.


2) Zum Schwarzsender-Problem

Im letzten DL-QTC stand eine kurze Notiz über die Aushebung eines Schwarzsendernestes im Raume Hildesheim. Das Ergebnis der weiteren Untersuchung ist zum Teil von grundsätzlicher Bedeutung und in gewisser Hinsicht typisch für ähnliche Fälle. Es erscheint daher ratsam, auf diese Dinge hier einmal einzugehen.

Auch diesmal gehörten die ermittelten Schwarzsender nicht dem DARC an. Das mag im ersten Moment beruhigend klingen; bei näherer Betrachtung sieht die Geschichte aber leider etwas anders aus. In der Untersuchung derartiger Schwarzsenderfälle stellt sich nämlich manchmal folgendes heraus:

Durch irgendeinen Zeitungsbericht, eine Beschreibung in der Fachpresse, eine Rundfunkreportage oder auf ähnliche Weise wird das Interesse am Amateurfunk erweckt. Ist es echt, oder ist der Betreffende gar schon vom KW-Bazillus befallen, beschäftigt er sich weiter mit den Dingen und stößt dabei bald auf den DARC. Entweder direkt oder auf dem Umweg über eine Anfrage bei der Geschäftsstelle findet er zum nächsten OV. Daß eine Sendelizenz nicht von heute auf morgen zu bekommen ist, sondern daß es dazu einiger Anstrengungen bedarf, ist ihm inzwischen schon klar geworden. Wen ehrliche Begeisterung gepackt hat, der wird sich aber auch dadurch nicht abschrecken lassen. Nun kann es aber passieren, daß der Interessent die erwartete Hilfe und Unterstützung auf dem Wege zur Lizenz beim DARC gar nicht findet. Entweder ist man bei dem betr. OV uninteressiert an neuen Mitgliedern oder sucht gar neue Lizenzen zu vermeiden – derartige Erscheinungen sind vor einiger Zeit bereits einmal im OV-Rundschreiben behandelt worden –, oder aber der OV ist nicht in der Lage, einen Lehrgang durchzuführen oder auch nur einem Neuling etwas unter die Arme zu greifen. Der zieht sich enttäuscht wieder zurück. Da aber sein Interesse geweckt ist, versucht er es nun auf eigene Faust. Mit der Technik kommt er ganz gut voran – daß es mit dem Morsen, wenn man ganz auf sich allein angewiesen ist, nichts Rechtes wird, merkt er aber auch. Die Folge ist, daß ein Sender bald fertiggestellt ist, daß aber an die Ablegung der Lizenzprüfung wegen des Morsens noch nicht zu denken ist. Die Versuchung, trotzdem schon in die Luft zu steigen, ist groß, und gar mancher erliegt ihr; manchmal tatsächlich mit der ehrlichen Absicht, auf diese Weise das Morsen in der Praxis zu lernen. Wenn mit dem Sender auch schon Fonie gearbeitet werden kann, bleibt es aber meist bei dem guten Vorsatz. Es geht ja auch so. Nun wird ohne Rücksicht auf die – dem Betreffenden oft gar nicht klaren – Folgen solange schwarzgesendet, bis die Post diesem Tun ein Ende bereitet.

Seien wir ehrlich: In derartigen Fällen ist der zuständige OV und damit der DARC nicht ganz frei von Schuld. Ein Interessent, der nur deswegen zum Schwarzsender wird, weil ihm die nötige Unterstützung versagt wurde, ist ein Vorwurf gegen den DARC und ein Beweis für ein zumindest örtliches Versagen. Jungen Mitgliedern den Weg zur Lizenz zu ebnen, zählt zu unseren selbstgestellten Aufgaben. Sie zu erfüllen, ist für die Ortsverbände, auf die es dabei in erster Linie ankommt, sicher nicht immer leicht. Nicht jeder OV ist in der Lage, große Kurse aufzuziehen. Es braucht ja aber auch nicht immer gleich ein perfekter Lehrgang mit genauem Zeitplan usw. zu sein. In den kleineren Ortsverbänden geht es mit etwas Improvisation genauso gut. Oft genügt es schon, daß ein erfahrener OM sich des Neulings annimmt, ihm die erforderlichen Anleitungen und vor allem das Gefühl gibt, daß jemand da ist, an den er sich halten kann. Ein ernsthafter Interessent wird auf diese Weise fast immer das Ziel – die Lizenz – erreichen können.

Denken wir doch daran, daß wir in dieser Hinsicht eine gewisse Verantwortung tragen, und achten wir daher darauf, einen Interessenten, der sich an uns wendet, rechtzeitig in die richtigen Bahnen zu lenken. Kommt er erst auf Abwege, schadet er nicht nur sich selbst, sondern uns allen.

Selbstverständlich gelten diese Betrachtungen längst nicht für alle Schwarzsender. Es gibt noch viele andere Motive, und oft ist es vielleicht nur die Sucht, etwas Verbotenes zu tun. Im Interesse jedes einzelnen OM liegt es, an der Beseitigung dieser Mißstände mitzuwirken und sie nicht – wie es leider auch zu beobachten ist – aus falsch verstandener Loyalität bewußt oder unbewußt zu fördern. Ganz abgesehen davon, daß ein Verkehr mit erkannten Schwarzsendern nach dem Amateurfunkgesetz verboten ist: Wer sich als Schwarzsender schon über die geschriebenen Gesetze des Amateurfunks hinwegsetzt, für den gelten die ungeschriebenen meist noch viel weniger.


3) Veranstaltungen für KW-Amateure während der Olympiade 1956

Der australische Amateurverband Wireless Institute of Australia (WIA) beabsichtigt, aus Anlaß der Olympischen Spiele vom 22.11.–08.12.1956 in Melbourne verschiedene Veranstaltungen für KW-Amateure durchzuführen und sich aller dorthin kommenden OM besonders anzunehmen. Um das WIA rechtzeitig über die Zahl der evtl. aus Deutschland zu erwartenden OM informieren zu können, werden alle Mitglieder, die im nächsten Jahr zur Olympiade nach Melbourne fahren wollen, um entsprechende, unverbindliche Mitteilung an die Geschäftsstelle bis zum 20.7.1955 gebeten.

Zum Vorbereitungskomimittee des WIA gehört übrigens auch ex DL3EC, OM H. J. Albrecht, VK3AHH, der über alle weiteren Einzelheiten gern direkt Auskunft erteilen wird: Seine Anschrift: ......


4) Rundsprüche

Auch in diesem Jahr werden die Rundspruch- und Eichwellenstationen wieder eine Sommerpause einlegen. Die letzten Aussendungen finden am 3. Juli statt. Sie werden am 11. September wieder aufgenommen.


5) Beiträge und OV-Anteile für das 2. Quartal 1955

.....


6) Calls der Nichtmitglieder

......


7) Ergänzungen zum Organisationsplan vom 15.1.1955

Distrikt: Ortsverband:
Bay-S Traunstein Paul Teufl, DL6RG
Berlin Neukölln B. Szymaniak, DL7GK
Köln-A Alsdorf L. Grotenrath, DL1MY
Ndsachs Bückeburg W. Rosenfeld, DL9QP
Westf-S Distrikts-Vorsitzender: K. Schultheiß, DL1QK
Bochum Dr. F. Spillner, DJ2KY
Württ. Ravensburg E. Schwarzenberger, DL9UV


VY 73, gez. Hansen, DL1JB


Abschrift und Archiv-Bearbeitung: DC7XJ


Inhalt 1955 Rundspruch-Archiv