Lieber OVV!

Im Arbeitsblatt 1/1964 hatte ich Ihnen mitgeteilt, daß ich trotz des Materials von DL1VW und der anderen Unterlagen von einer Besprechung des Themas „Fuchsjagd“ zunächst absehen wolle. Der Inhalt der Arbeitsblätter soll zur Diskussion anregen, aber diese muß als echte OV-Arbeit einem OV-Abend vorbehalten bleiben. Die Themen der Arbeitsblätter sollen und müssen also soweit ausgereift sein, daß sie von dem OVV eines jeden OVs – gleichgültig, ob er groß oder klein ist – seinen Mitgliedern zur eigenen Überlegung vorgesetzt werden können.

Heute glaube ich, daß die Zeit gekommen ist, daß nach der Auswertung der 1. Deutschen Fuchsjagdmeisterschaften und vielen anderen örtlichen Fuchsjagden dieses Thema für jeden Ortsverband an Interesse gewonnen hat. Auf die internationalen Fuchsjagden oder Fuchsjagdmeisterschaften gehe ich bewußt nicht ein, weil deren Durchführung zu große Unterschiede gegen unsere Fuchsjagden aufweist und daher den Könnern zunächst vorbehalten bleiben muß.

Historische Fuchsjagden. Wer etwa glaubt, daß die Fuchsjagden der Funkamateure erst in jüngster Zeit ins Leben gerufen wurden, irrt gewaltig. Wir brauchen nur die Veröffentlichung von DL1VW nachzulesen, der ich Inhaltlich die folgenden Zeilen entnommen habe.

OM Rudolf Wittwer und OM Dr. Meng gehören danach zu den ältesten deutschen Fuchsjägern. Noch heute nehmen sie an diesem interessanten und lehrreichen Zweig des Amateurfunks regen Anteil und denken gerne an die Zeit zurück als sie 1924 als Mitglieder der Funksportgruppe des Süddeutschen Radio-Klub von ihren Freunden aus der Schweiz mit einer neuartigen Untersuchungsmethode zur Feststellung der Ausbreitungsbedingungen elektromagnetischer Wellen bekannt gemacht wurden, die heute den Namen „Fuchsjagd“ trägt. Damals mußte der Amateur Ausdauer und Geduld haben und die Versuche selbst erdenken und ausführen, wobei er dann häufig feststellen mußte, daß sie zu keinem Erfolg führten. Schweizer und deutsche Amateure gingen damals mit ihren noch recht schweren und umfangreichen Stationen ins Hochgebirge, ins Moor oder in die Wälder und machten Empfangsversuche, bei denen sehr bald selbstgebaute Rahmenantennen benutzt wurden, um stets unter den gleichen Bedingungen zu arbeiten. Als man genügend Meßreihen zu haben glaubte, wollte man auch wissen, wie die Ausbreitungsverhältnisse auf dem Wasser sind. Um diese Frage zu klären, wurde 1924 auf dem Vierwaldstätter See eine Fuchsjagd durchgeführt, an der auch OM aus München teilnahmen. Der Sender, der „Fuchs“, wurde in ein Boot eingebaut und dieses dann an einem den „Jägern“ unbekannten Ort vor Anker gelegt. Die Jäger mußten nun mit ihren Empfängern, die mit Rahmenantennen versehen waren, den Standort des Senders ermitteln. Da man die Richtwirkung der Rahmenantennen kannte, konnten aus den Unterschieden zwischen den Richtungen der Peilstrahlen und dem bekannten Standort des Senders wertvolle Erfahrungen über Peilstrahlablenkung und Reflexion gesammelt werden.

Der Erfolg der schweizer Fuchsjagd führte bereits 1926 zu der vielleicht ersten deutschen Fuchsjagd, die auf dem Starnberger See von etwa 30 Jägern in acht Booten durchgeführt wurde. Der Fuchs befand sich auf einem Motorboot, welches im Schilf vor der Roseninsel versteckt war. Um die Jagd zu erschweren und ihr auch den Reiz einer Neuheit zu geben, wurde sie nachts abgehalten. Zur größten Enttäuschung der Teilnehmer wurde trotz vieler Peilungen und eines stundenlangen Hin- und Herfahrens auf dem See von keinem Boot der Fuchs gefunden, Warum? – Erst viel später erfuhr man es, als die Begriffe Nachteffekt, Antenneneffekt oder „Schielen“ eines Peilers auch den Funkamateuren zu vertrauten Begriffen geworden waren. Da ein Mißerfolg aber keinen wahren Funkamateur abzuschrecken vermag, wurden die Versuche fleißig fortgesetzt. 1928 konnte dann auch die 1926 erfolglos durchgeführte Fuchsjagd auf dem Starnberger See wiederholt werden. Dieses Mal war der Erfolg die schönste Belohnung für alle Teilnehmer.

1927 wurden bereits vom Rundfunk, der die Arbeiten der Amateure aufmerksam verfolgte, Preise für Fuchsjagden ausgesetzt. Es waren Fuchsjagden, die zu Fuß, auf Fahrrädern oder auf anderen Fahrzeugen durchgeführt wurden.

Nach dem Krieg wurden bereits 1949 die ersten Fuchsjagden wieder abgehalten. Neben 80-m-Geräten fanden jetzt auch 2-m-Geräte Verwendung. Einer der ersten Vertreter der wieder aufgelebten Fuchsjagden war DL1VW, der heute als DV Bayern-Süd in seinem Distrikt über eine stattliche Zahl von Fuchsjagd-Sachverständigen verfügt, von denen an dieser Stelle nur DL3HI genannt werden soll. Kein Wunder also, daß auch die 1. Deutschen Fuchsjagdmeisterschaften im Süden unseres Vaterlandes ausgetragen wurden.

Vorbereitungen zur Fuchsjagd. Eine Fuchsjagd kann nicht von heute auf morgen festgesetzt werden. Das sollte kein OV, aber auch kein OM übersehen, der an einer Fuchsjagd teilnehmen will. Es ist auch unzweckmäßig, sofort eine Großveranstaltung aufziehen zu wollen. Die zukünftigen Fuchsjäger müssen zunächst erst einmal mit der Materie vertraut werden. Ein großer Teil von ihnen wird nicht wissen, was sich hinter dem Wort „peilen“ verbirgt und was Peilgenauigkeit oder Fehlerdreieck bedeuten. Sicher wissen sie auch nicht, wodurch Peilstrahlablenkungen entstehen können oder wann damit zu rechnen Ist. Der „Oberjäger“ wird also zunächst einmal hierüber Unterricht erteilen müssen. Er wird auf einem Kartenblatt mit dem Maßstab 1:100.000 oder 1:25.000 theoretische Eintragungen vornehmen lassen, denen später die Praxis folgt. Schon bei den ersten Übungen sollte darauf geachtet werden, daß der Sender (Fuchs) nicht zu nahe oder zu weit von dem Startplatz der Jäger entfernt ist. Die Entfernung sollte als Minimum 1 km und als Maximum 4 km betragen. Alle Jäger sollen dann vom Startplatz aus unter Kontrolle ihre erste Peilung vornehmen und in die Karte eintragen, damit die Peilgenauigkeit, auf die es ja ankommt, überprüft werden kann. Alle weiteren Peilungen, die nach einer bestimmten Zeit oder Entfernung durchgeführt werden müssen, sind dann von den Jägern genau in die Karten einzutragen. Sicherlich werden dadurch auch für die Anfänger einige Stunden „Kartenlesen“ erforderlich werden. Schon von der ersten Übung ab sollte der Fuchs so aufgestellt werden, daß er nicht im unmittelbaren Blickfeld der Jäger ist. Ferner sollte er auch nicht auf direktem Weg zu erreichen sein. Liegen nämlich Wasserläufe oder Gehöfte zwischen dem Startplatz und dem Fuchs, deren unmittelbares Überqueren oder Durchlaufen untersagt wird, so muß sich der Jäger schon bald nach seiner ersten Peilung entscheiden, ob er diesen oder jenen Weg einschlagen will, wodurch er zu genauen Peilungen gezwungen wird. Aus Sicherheitsgründen soll jedoch ein überqueren von Eisenbahnlinien, Autobahnen oder verkehrsreichen Bundesstraßen vermieden werden. Da sich der Jäger aber auch auf seine Aufgabe konzentrieren soll, sind Eile und Hast fehl am Platze. Eine Zeitwertung bei Übungen wird stets auf Kosten der Genauigkeit gehen. Die Genauigkeit der Peilung gehört aber zu der eigentlichen Tätigkeit eines Funkamateurs, weshalb ihr auch der Vorrang gehört.

Fuchsjagdgeräte. Die Geräte für eine Fuchsjagd sind Spezialgeräte. Sie sollen sorgfältig aufgebaut und vor ihrer Benutzung eingehend erprobt werden, selbst wenn anfänglich vielleicht als Empfänger noch ein Ø-V-1 oder 1-V-1 benutzt wird. Die Leistung des Senders, der unter allen Umständen mit einem automatischen Kennungsgeber ausgerüstet sein soll, sollte nicht zu groß sein, um bei den geringen Entfernungen zwischen TX und RX ein einwandfreies Minimum zu erhalten. Wichtig ist die Antenne des TX! Ein Vertikalstrahler mit Rundcharakteristik sollte einer Langdrahtantenne vorgezogen werden, weil jeder Langdraht eine Richtcharakteristik besitzt, die für den Jäger den Anmarsch auf einer, nicht geraden Linie, einer sogen. „Hundekurve“, bedeuten kann.

Über Geräte und Antennen gibt es so gute Veröffentlichungen, daß sich ein näheres Eingehen hierauf erübrigt. Anschließend eine Zusammenstellung der letzten Veröffentlichungen.

Literatur. DL-QTC 11/63 Seite 543; 2/64 Seite 89; 3/64 Seite 154; 4/64 Seite 221 und 229; 5/64 Seite 258; 6/84 Seite 384; 7/64 Seite 414 und 8/64 Seite 500.

Und nun, lieber OVV, auf zum fröhlichen Jagen! Die vor uns liegenden Wintermonate sind günstig für die Vorbereitung von Fuchsjagden.

Mit den besten 73
Ihr DL3JE


Abschrift und Archiv-Bearbeitung: DC7XJ


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