Anlage 1 zum OV-Rundschreiben 4/70

1 . und 2. Vorsitzender
DL3YH / DJ1BQ

Zusammenfassende Darstellung über die zeitliche Entwicklung und den gegenwärtigen Stand der Vorbereitungen zur Schaffung eines Deutschen Amateurfunk-Zentrums in Baunatal bei Kassel.


Im Zusammenhang mit den Beschlüssen der Clubversammlungen von Heilbronn und Blieskastel zur Schaffung eines Deutschen Amateurfunk-Zentrums ist gelegentlich die Ansicht lautgeworden, es habe an einer rechtzeitigen und ausreichenden Information der Mitglieder über die Absichten und Planungen des Clubs gefehlt. Verschiedenen Zuschriften, die uns in den vergangenen Monaten erreichten, war der Wunsch nach umfassender Information und eingehender Unterrichtung zu entnehmen. Dieses Informationsbedürfnis eines großen Teils der Mitglieder ist erfreulich, es zeigt, daß ein echtes Interesse an der Clubarbeit besteht. Nur: ist dieses Interesse nicht tatsächlich im Rahmen des Möglichen befriedigt worden? – Wir wollen sehen...

Es begann damit, daß der Distrikt Rheinland-Pfalz zur Clubversammlung Kronberg im Frühjahr 1968 einen Antrag einbrachte, über die Möglichkeiten einer Zentralisierung der Clubverwaltung zu befinden. Als Folge dieses Antrags wurde der Geschäftsführende Vorstand beauftragt, die damit zusammenhängenden Fragen zu prüfen

1). Nach gründlicher Erwägung allen Für und Widers, aller Möglichkeiten und Konsequenzen, die sich aus einem solchen Schritt ergeben könnten, legte der damalige 1. Vorsitzende im April 1969 seinen Untersuchungsbericht zur CV in Heilbronn vor.

2). Dieser enthielt bereits den ersten Entwurf eines Raumprogramms und sah für den Verwaltungstrakt (einschließlich Hausmeisterwohnung) eine Nutzfläche von 400 m² und für den Schulungstrakt (einschließlich Unterkunftsräume) eine solche von 600 m² vor. – Nach Vorlage dieses Berichts entschied sich die CV für die Schaffung einer Hauptverwaltung und beschloß, „…daß die Hauptverwaltung neben der Geschäftsstelle und der QSL-Vermittlung auch Clubversammlungen, Vorstandssitzungen und eine Rundspruchstation aufnehmen können soll“. Der Amateurrat berief dabei QM Picolin, DL3NE, der mittlerweile seinen Posten als 1. Vorsitzender des DARC mit Ablauf der Amtsperiode zur Verfügung gestellt hatte, einstimmig zum „Sonderbeauftragten Planung“.

3). Die OV-Rundschreiben und die Protokolle der Clubversammlungen gehen allen Ortsverbänden regelmäßig zu. Es stimmt also nicht, wenn immer wieder behauptet wird, daß die Ortsverbände durch die folgende CV Blieskastel im Herbst 1969 überrascht oder gar vor vollendete Tatsachen gestellt wurden. Selbst wenn die OVVs hie und da keine Lust gehabt haben sollten, die Protokolle und OV-Rundschreiben zu lesen, so hätten sie spätestens auf einer der regulären Distriktsversammlungen zwischen der CV Kronberg (Frühjahr 1968) und der CV Heilbronn (Frühsommer 1969) damit konfrontiert werden können. Doch ist dem Vernehmen nach die Zahl der Ortsverbände, die an den Distriktsversammlungen teilnehmen, mancherorts leider nicht sehr hoch und soll gelegentlich nur gerade so die 30-%-Grenze erreichen. Vielleicht ist es darauf zurückzuführen, daß das Echo auf alle vorhergegangenen clubinternen Veröffentlichungen zum Thema DARC-Hauptverwaltung aus den Ortsverbänden recht mager geblieben war: nur zwei OVs (Gelnhausen und Knüll) boten ihre Unterstützung bei der Beschaffung eines Grundstücks an, aber bis Oktober 1969 konnte kein konkreter Vorschlag beigebracht werden. Diejenigen Ortsverbände, die heute erst eine Diskussion über das AFuZ wünschen und von voreilig gefaßten Beschlüssen reden, hätten bis dahin ausreichend Gelegenheit gehabt, ihre Vorschläge zu unterbreiten und eine Diskussion darüber in den Distriktsversammlungen herbeizuführen. Heute kommen diese Anträge einfach zu spät, weil in der Zwischenzeit die vorbereitenden Arbeiten zur Errichtung des Amateurfunk-Zentrums so weit fortgeschritten sind, daß Überlegungen, die ein Umstoßen der bisherigen Konzeption bedeuten würden, nicht mehr berücksichtigt werden können.

Nun kam die CV Blieskastel im Oktober 1969, viereinhalb Monate nach der CV Heilbronn. Diese paar Monate hatte DL3NE, getreu seinem Auftrag, dazu genutzt, mit achtzehn (!) Stadt- und Landkreisverwaltungen oder Großraumverbänden in Verbindung zu treten, vorbereitende Besprechungen zu führen und Grundstücksbesichtigungen vorzunehmen. Eine Reihe von Angeboten schied aus den verschiedensten Gründen von vornherein aus, und es blieben neun konkrete Vorschläge übrig, die bis ins letzte Detail im „Bericht Nr. 1“ von OM Picolin zur CV Blieskastel unterbreitet wurden. Der Amateurrat prüfte diesen Bericht eingehend bei seiner Vorbesprechung zur CV. Er bemängelte, daß der Text erst wenige Tage vor der Clubversammlung zugestellt worden war, konnte aber nicht umhin festzustellen, daß in sehr kurzer Zeit vom Sonderbeauftragten Planung hervorragende Arbeit geleistet worden war, die eine Entscheidung des Amateurrats über den zukünftigen Standort bereits während der CV Blieskastel ermöglichte. Eine solche Entscheidung war erforderlich, weil die nachfolgenden Wintermonate für die vielfältigen Vorbereitungen und für Behördengespräche im Zusammenhang mit dem Bauvorhaben genutzt werden sollten. - Die Entscheidung der Clubversammlung fiel dann mit großer Mehrheit zu Gunsten von Baunatal bei Kassel.

Dem Bericht Nr. 1 war als Anlage der Entwurf eines internen Architektenwettbewerbs beigefügt. Außerdem enthielt er einige Empfehlungen, darunter diese: „... daß die Einbeziehung von Schulungs- und Versammlungsräumen unbedingt beibehalten werden muß, weil sonst Mittel aus öffentlicher Hand für dieses Projekt nicht zu erwarten sind.“ Im Protokoll der CV Blieskastel heißt es dazu auf Seite 7 unten; „Anschließend beschloß die CV die Ausschreibung eines DARC-internen Wettbewerbs im Sinne der dafür von DL3NE gemachten Vorschläge“.

Kritiker des Projekts halten heute insbesondere die Schulungs- und Versammlungsräume für überflüssig oder zu kostspielig. Schon in Heilbronn war jedoch, wie vorstehend ausgeführt, die Einbeziehung von Versammlungsräumen für CV- und Vorstandssitzungen einstimmig beschlossen worden. Ob man nun diese Räume als Versammlungs- oder als Schulungsräume bezeichnet dürfte, was den Titel angeht, gleichgültig sein. Nicht gleichgültig aber ist die Bezeichnung aus Kostengründen. Will der DARC für sein Bauvorhaben öffentliche Mittel in Anspruch nehmen, so ist zu bedenken, daß für reine Verwaltungsbauten keine Gelder bewilligt werden, also für die zwei erforderlichen Sitzungsräume keine Zuschüsse zu erwarten sind. Dagegen werden zwei Lehrsäle mit Kantinen-Verkaufsschalter und Toiletten bezuschußt, und solange der DARC diese Räume nicht für eigene Lehrgangs- oder Unterrichtszwecke belegt, kann er sie jederzeit anderen Organisationen – Jugendverbänden, Schulen, Firmen usw. – für Vortragsveranstaltungen vermieten. Nachteile etwa steuerlicher Art würden dem Club hieraus nicht erwachsen.

Für den Schulungstrakt waren insgesamt 357 m² Nutzfläche vorgesehen. Im Raumprogramm stand als Forderung „in der Gesamtversorgung vom Verwaltungstrakt abtrennbar, nicht unterkellert“. Zur Durchführung einer Clubversammlung würden hiervon bereits zwei Räume mit 195 m², ein Kantinenraum als Verkaufsschalter mit 12 m² und Toiletten mit 25 m² benötigt. Für den Schulungstrakt bleiben jetzt nur noch 125 m² übrig, die wir für einen Morseübungsraum, Lehrer- und Lehrmittelzimmer vorgesehen haben. Diese Nebenräume braucht man aber in jedem Fall, ganz gleich welcher Art die Veranstaltung ist, die gerade läuft. – (Durch den inzwischen abgeschlossenen Architektenwettbewerb können sich diese Zahlen geringfügig ändern.)

In diesem Zusammenhang ist von Interesse, daß nach dem Landesjugendplan Hessen Schulungsräume und zugehörige Einrichtungen mit 40 % bezuschußt werden, und daß bei überregionalen Bauvorhaben der geplanten Art mit Lehrgangsmöglichkeiten zusätzlich der Bundesjugendplan in Anspruch genommen werden kann, ohne daß dadurch der DARC seine Unabhängigkeit einbüßen würde.

Der DARC hat im Dezember 1969 das von der Stadt Baunatal zweckgebunden angebotene Grundstück, das eine Größe von 5000 m² aufweist, erworben. Vertraglich wurde dabei festgelegt, daß auf dem Grund und Boden innerhalb von zwei Jahren ein Verwaltungs- und Schulungszentrum des DARC zu errichten ist. Wir können das Gelände nicht etwa als Kapitalanlage und Spekulationsobjekt verwenden, denn wir sind nach dem Kaufvertrag gehalten, zu bauen oder das Grundstück nach Ablauf der Frist auf die Stadt zurückzuübertragen. Ohne diese Verpflichtung wäre die Stadtverwaltung nicht bereit gewesen, ein so hervorragend gelegenes Gelände - nur rund 12 km vom Stadtzentrum Kassel entfernt – für den außerordentlich günstigen Preis von 14,– DM pro Quadratmeter herzugeben. Für den DARC gibt es somit nur zwei Möglichkeiten: entweder das Amateurfunk-Zentrum im aufgezeigten Rahmen zu errichten, oder unter Verlust aller bisher aufgewendeten Mittel und Mühen das Projekt AFuZ Baunatal vollständig fallen zu lassen.

Der vom Club ausgeschriebene Architektenwettbewerb ist inzwischen mit großem Erfolg zu Ende geführt worden. Die ausgesetzten Preise in Höhe von insgesamt 13.000,– DM wurden vergeben, der mit dem ersten Preis ausgezeichnete Entwurf angekauft. Einzelheiten hierzu konnten dem Deutschland-Rundspruch vom 05.04.1970 entnommen werden. Sie werden außerdem in Kürze im OV-Rundschreiben der Geschäftsstelle und im DL-QTC nachzulesen sein, weshalb hier auf weitere Details verzichtet werden kann.

Die vorliegende umfassende Darstellung wird auch dem außenstehenden, mit der Clubarbeit wenig vertrauten OM einen Einblick in die Zusammenhänge und Probleme um das AFuZ ermöglichen. Leider lassen sich derartig ausführliche Berichte über die Arbeit des Clubvorstands und die Aufgaben der Clubpolitik unter den derzeitigen Verhältnissen nicht regelmäßig erstellen und auch nicht an alle Mitglieder verteilen. Was hier von zwei ehrenamtlich tätigen Vorstandsmitgliedern in ihrer Freizeit während der Osterfeiertage und am darauffolgenden Wochenende bewältigt wurde, würde normalerweise in den Aufgabenbereich der Geschäftsstelle fallen. Doch eine solche zusätzliche Tätigkeit kann bei der gegenwärtigen Arbeits- und Platzsituation in Kiel der Geschäftsstelle unmöglich zugemutet werden. Dort fehlen seit Jahren praktisch zwei weitere Mitarbeiter(innen) für die Routinetätigkeiten, damit der Geschäftsführer und der Schatzmeister entlastet werden und nicht wöchentlich bis zu siebzig (!) Arbeitsstunden ableisten müssen.

Wenn sich der 1. und 2. Vorsitzende des Clubs hiermit erneut in einem Rundschreiben an alle Ortsverbände wenden, so geschieht dies in Anbetracht der zur Zeit in einigen OVs zu beobachtenden Unruhe unter den Mitgliedern und des daraus resultierenden passiven und aktiven Widerstands gegen das AFuZ in seiner geplanten Form. Das Verfertigen und Verteilen derartiger Informationsschriften bringt für DL3YH und DJ1BQ eine erhebliche zusätzliche Belastung mit sich und hält sie von ihren eigentlichen Vorstandsaufgaben ab. Schließlich ist die für die Clubarbeit zur Verfügung stehende Zeit nur knapp bemessen, wenn man im Berufsleben steht und schon dadurch voll ausgelastet ist.


1) Vgl. CV-Protokoll 11./12.05.68 vom 12.05.1968 Ziffer 10

2) Vgl. OV-Rundschreiben 4/69 vom 28.04.1969 Ziffer 3 Punkt 11

3) Vgl. CV-Protokoll HV 69 vom 01.06.1969 Ziffer 11


Scann: DK3QW
Abschrift und Archiv-Bearbeitung: DC7XJ


Inhalt 1970 Rundspruch-Archiv